Halbwissen, Vorurteile oder doch nur Gruppenzwang?
Ich habe mir mal einige Gedanken über diese Themen gemacht, weil mir bei vielen Kommentaren in Facebook teilweise extrem aufgefallen ist, wie weit verbreitet
eine große Abneigung gegen Ausländer und Flüchtlinge ist. Aus diesem Grund habe ich mich in der letzten Zeit vermehrt mit Leuten unterhalten und würde gerne meine Erfahrungen und Gedanken dazu
zur Diskussion stellen. Ich habe festgestellt, dass unter uns Menschen gar nicht mehr geredet und nachgefragt wird. Immer wieder erschrecke ich bei diversen Postings und wenn ich so manche
Kommentare lese, wie abfällig, wie abwertend und wie unmenschlich manche Menschen über andere sprechen und urteilen, wird mir ganz anders. Sei es bei Postings über Vorfälle mit und durch
Flüchtlinge oder auch in unserer Branche über die osteuropäischen Kollegen. Ich möchte eigentlich gar nicht groß auf die Flüchtlingsproblematik eingehen, weil das eigentlich schon zu genüge getan
wurde und wird, so ganz vermeiden kann man es aber wohl nicht.
Aber nehmen wir erst mal die osteuropäischen Fahrerkollegen. Ja, da gibt es überwiegend Vorurteile. Gerade diese Woche habe ich bei einer Ladestelle in der
Fahreranmeldung festgestellt, wie man sich darüber lustig machte, ja sogar darüber aufgeregt hat, dass der Osteuropäer kein Deutsch kann, mit dem Handy ankam und auf das Handy mit dem Auftrag
gezeigt hat! Moment, habe ich gesagt. Das war bei mir ganz genauso, als ich noch im Fernverkehr war. Mein Englisch ist so schlecht, dass sich mein Gegenüber nur zusammenreimen kann, was ich jetzt
gesagt habe und ich auch nicht verstehe, was er wiederum von mir will. Fremdsprachen gehen nicht in meinen Kopf, da sind schon meine Lehrer in der Schule dran verzweifelt. (Zwinker) Aber im
Ernst, wenn ich einen Auftrag per SMS oder Telefon bekommen habe, habe ich alles auf einen Zettel geschrieben und bin zur Anmeldung gelaufen. Mit der Zeit konnte man in den Ländern wo man geladen
oder abgeladen hat die wichtigsten Wörter und hat sich mit Zetteln, Händen und Füßen zu verständigen gewusst. Aber sprechen ging nicht wirklich. Also, wo liegt eigentlich das Problem, wenn hier
jemand ankommt, der unsere Sprache nicht beherrscht und den Auftrag auf dem Smartphone zeigt? Sprechen wir alle die Sprachen der Länder, wo wir fahren oder mal in Urlaub waren? Eher nicht
(Zwinker)
Natürlich gibt es Dinge, die auch mich aufregen. Das laute Sprechen zum Beispiel, wenn sie sich irgendwo treffen und ich stehe mit dem LKW daneben und
möchte/muss schlafen. Aber dieses rücksichtslose Verhalten habe ich auch schon ein paar Mal bei deutschen Kollegen angetroffen. Wer mich kennt, weiß aber, dass ich fast überall was positiv finde,
und zumindest finde ich es beneidenswert, dass da scheinbar doch eine ganz andere, herzlichere Kollegialität leben als die Deutschen. Naja, das zweite Ärgernis für mich ist wirklich diese
allseits bekannte Jogginghose. Ja, ich finde es asozial und unmöglich, wenn ein Fahrer aussteigt und eine lodderige Jogginghose anhat. Natürlich ist es jedem selbst überlassen wie er rumrennt,
aber ich finde dass es unserem Ruf noch mehr schadet so rumzurennen. Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. Hat mal jemand versucht, sich mit unseren osteuropäischen Kollegen zu
unterhalten? Hat mal jemand beim einparken geschaut und gesichert, so wie sie es fast immer machen? Ja ich weiß, dass es ein paar von euch auch tun, aber leider sehr wenige. Wir Deutschen kriegen
das oftmals nicht mal bei den eigenen Firmenkollegen hin.
Aber jetzt mal weiter im Thema. Ich bin ja ein sehr neugieriger Mensch und habe mich die letzten Jahre sehr verändert. Mit viel mehr Interesse versuche ich auf
Menschen zuzugehen und stelle Fragen. Zum Beispiel auch bei einem Staplerfahrer, von dem ich mich immer dachte, er müsse Inder sein. Irgendwann nach langer Zeit, als er mich mal wieder abgeladen
hatte, habe ich einfach mal gefragt. Fast ein Volltreffer! Er kommt ursprünglich aus Sri Lanka. Sri Lanka!? Ok, schon gehört, aber falls es in Erdkunde oder Geschichte als Thema vorkam habe ich
sicher wieder geschwatzt oder irgendeinen anderen Blödsinn gemacht. Ruck Zuck erfuhr ich von ihm etwas über das Land. Zwei Sprachen, etwas Geschichte und man hatte den Eindruck, dass er sich sehr
freute dass man sich für ihn und sein Land interessierte. Hm!? Auch mir hat es sehr gefallen, weil man selbst in meinem Alter noch etwas lernen kann. Was früher so hoffnungslos und sinnlos
erschien, scheint plötzlich doch noch machbar zu sein.(Zwinker) Und die Neugier war weiter geweckt, ich habe mich dann abends im www über Sri Lanka informiert. Bei Wiki kann man ja über fast alle
Themen was finden.
Es ist noch gar nicht so lange her, als das Galama in der Türkei war. Da ich an einer ständigen Ladestelle von uns immer wieder von zwei türkischstämmigen
Staplerfahrern geladen werde, habe ich schon ein paar Mal das Gespräch gesucht, um etwas über deren Meinung zu dem, was Erdogan so macht, zu erfahren. Aber auch über ihre Meinung und Einstellung
zum IS und den damit verbundenen Terror. Ist schon sehr interessant, was man da so erfährt. Man lernt verschiedene Blickwinkel kennen, die teils die eigene Meinung untermauern, aber auch
Blickwinkel, die man so noch nicht gesehen hat. Auf jeden Fall habe ich bisher von jedem Moslem, den ich gesprochen habe, gehört, dass niemand von ihnen damit einverstanden ist, was da „im Namen
des Islam“ passiert und jeder diese Terroristen verurteilt. Jeder schimpft über deren Auslegung des Korans und den verfälschten Eindruck, der dadurch auf den ihrem Glauben haftet. Naja, die
Medien unterstützen oftmals mit ihrer Berichterstattung natürlich diesen falschen Eindruck. Und da wir anscheinend zu bequem sind, uns selbst auf verschiedenen Wegen darüber zu erkundigen (und z.
B. die Moslems die wir kennen darüber auszufragen), werden wir dieses falsche Bild nicht so schnell aus den Köpfen bekommen.
Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen. Wir hatten einen türkischen Mitschüler in der Klasse. Wenn ich heute daran zurück denke, schäme ich mich tierisch für
mein damaliges Verhalten. Da habe ich mich echt anstecken lassen und habe Dinge zu ihm gesagt und ihn mit Worten bezeichnet, die man echt nicht benutzen sollte. Erst diese Woche habe ich mich mit
einem guten Bekannten darüber unterhalten und er meinte, nein, man braucht sich nicht zu schämen für das, was man als Kind gesagt hat und getan hat. Man war dumm und unreif. Ok, das mag sein,
aber ich für meinen Teil schäme mich trotzdem dafür und wenn ich dem Klassenkameraden heute begegnen würde, würde ich mich aus vollem Herzen dafür entschuldigen.
Aber eigentlich möchte ich ja auf was ganz anderes hinaus. Wenn ich so zurückdenke und mich an das ablehnende Verhalten der Leute gegenüber Türken bzw. den
Menschen mit islamischem Glauben erinnere, wundert es mich nicht, dass sich manche zurückgezogen haben, sich nicht integrieren und nur unter ihren Landsleuten Kontakt haben. Wenn ich mir
vorstelle, ich komme in ein fremdes Land (aus was für Gründen auch immer) und die Menschen in der Nachbarschaft, auf Ämtern, bei der Arbeit und in der Schule schauen misstrauisch, ja auch
feindselig zu mir rüber, nur weil ich einen anderen Glauben habe und anders aufgewachsen bin und ein bisschen anders aussehe, würde mich das auch sehr traurig machen und kränken. Ja, ich würde
sagen, wenn ihr mich nicht wollt und so ablehnend behandelt, lebe ich mein eigenes Leben. Ich kenne andere Landsleute hier, bei denen ich erwünscht und willkommen bin. Warum soll ich dann eure
Kultur und Sprache lernen!? Ihr wollt mich ja sowieso nicht! Natürlich ist das nicht bei allen so. Ich kenne viele, die sich super integriert haben und sich selbst mehr als Deutsche sehen. Auch
kommt es viel darauf an, aus welcher Gegend sie stammen. Je nach Gebiet ist die Erziehung unterschiedlich, genauso wie der Glauben auch unterschiedlich ausgelegt und ausgelebt wird.
Auf jeden Fall hatte ich damals in meiner Klasse Schulkameraden verschiedener Nationalitäten. Da waren Italiener, Spanier, Jugoslawen und wir bekamen noch zwei
Vietnamesen dazu. Das Jahr weiß ich leider nicht mehr. Aber was war das für ein Gerede damals in der Kleinstadt! Da kamen vietnamesische Flüchtlinge in einen Nachbarort. Und die Kinder sollten
bei uns in die Schule! Wow! Mir war damals gar nicht bewusst, was da los war. Meine Eltern erklärten mir, dass das Kriegsflüchtlinge wären. Ok, ich ging total unvoreingenommen damit um. Natürlich
war ich auch neugierig auf diese Menschen. Heute frage ich mich was passiert wäre, wenn es damals schon Internet und Facebook gegeben hätte… Wäre es auch so eskaliert wie mit den "heutigen
Flüchtlingen"?
Weiß noch jemand, wie viele Vietnamesen damals nach Deutschland kamen?
Zu diesem Posting hat mich aber eigentlich ein ganz anderes Erlebnis bewogen. Ich kenne einen farbigen Staplerfahrer, der echt lustig ist, er arbeitet in
Frankfurt bei einer Spedition zu der ich ab und zu komme. Neugierig wie ich bin, fragte ich ihn nach seiner Herkunft! DDR sagte er und grinst!??? DDR??? Häh!?? Da erzählte er mir, dass er 1981 in
die DDR kam infolge eines Projektes. Damals konnte eine bestimmte Anzahl von Leuten aus Mosambik (da kommt er nämlich ursprünglich her, der Schlawiner) in der DDR eine Ausbildung machen. Er zum
Beispiel hatte einen Beruf in der Textilindustrie gewählt. Viele seiner Landsleute haben sogar den Meister gemacht und einige sind zurück nach Mosambik und haben sich dort selbstständig gemacht.
Nach seiner Ausbildung meinten sie zu ihm, dass es in seinem Land eh keine Fabrik geben würde und sein Aufenthalt nochmal um 4 Jahre verlängert werden soll. Das Gleiche passierte dann nochmal und
dann kam die Grenzöffnung. Da sein Vater in der Zeit seiner Abwesenheit gestorben war, ist er nicht zurück gegangen, sondern einfach geblieben. Inzwischen habe ich erfahren, dass auch viele
Menschen aus Kuba und Algerien diese Chance bekamen. Im Grunde finde ich diese Idee mit der Ausbildung eine tolle Sache, ist ja auch eine tolle Sache im Sinne der Aufbauhilfe.
Und genau durch diese Geschichte kam in mir eine Frage auf. Und bitte, versteht mich nicht falsch und die Betroffenen, bitte seid nicht angepisst! Wenn ich so
eine Geschichte höre frage ich mich, warum ist ein Großteil der Ossis so ausländerfeindlich? Bevor ihr hier jetzt einen Herzkasper vor Aufregung und Entrüstung bekommt, lest bitte erst weiter.
Ich kann euch genau erklären warum ich zu dieser Frage komme. Aber zuvor sei noch eines gesagt, wenn ich schreibe „Ossi“ ist das weder abwertend gemeint noch habe ich noch eine Grenze im Kopf
(geschweige denn die Mauer), sondern es ist einfach kürzer und einfacher, „Ossi“ zu schreiben statt jedes Mal „Mitbürger und Landsleute aus den neuen Bundesländern“ (Zwinker)
Meine erste bewusste Begegnung mit einem Ossi war mit ca. 20 Jahren. Meine Fahrerlaubnis war gerade in Urlaub und ich arbeitete in einer Fabrik in 3 Schichten.
Da kam ein neuer Kollege und das war ein Ossi. Oha! Ihm schmeckte das Wessi-Bier anscheinend sehr gut Was aber wie ich im Laufe der Zeit festgestellt habe, bei vielen Leuten aus Ostdeutschland so
war. Ok, das ist wahrscheinlich auch ein Vorurteil, aber den Eindruck hatte ich gewonnen, obwohl ich inzwischen auch welche kenne, die gar keinen Alkohol trinken. Wie dem auch sei, nach
Feierabend tranken wir zusammen zwei, drei Bierchen und er wurde sehr redselig. Plötzlich legte er los und schimpfte auf die ganzen Ausländer hier im Westen, dass sie doch die Arbeitsplätze
wegnehmen würden und in D nichts zu suchen hätten usw.! Oha!? Als ich ihn fragte, warum er hier her gekommen ist und nicht da geblieben ist, wo doch wie er sagte alles besser war, zog er
beleidigt ab.
Kein Jahr später, ich habe inzwischen in Mannheim und habe in einer WG der Obdachlosenbehörde gelebt, kam ein neues WG-Mitglied dazu. Ein Ossi. Auch er war dem
Alkohol nicht abgeneigt, na ja, eigentlich war er jeden Abend betrunken. Manchmal grölte er seltsame Lieder voller Nationalstolz und auch ausländerfeindliche Lieder. Ich hatte damals eine
italienische Freundin. Als sie spät abends nach Hause, kam hörte ich, wie sie ihm im Hausflur begegnete und er sie anschnauzte: „du italienische Schlampe, du F....!“ Schon war ich draußen und
habe ihn umgehauen. Auch in weiteren Begegnungen habe ich vermehrt festgestellt, dass viele Ossis etwas gegen Ausländer haben. Natürlich habe ich in meinem Bekanntenkreis und Kollegenkreis auch
Ossis und ich habe mich mit einigen darüber unterhalten. Ich habe ihnen meine „Erlebnisse“ erzählt und auch ihnen die Frage bezüglich der Ausländerfeindlichkeit gestellt. Daraus sind sehr
interessante Gespräche entstanden, die für mich eigentlich sehr aufschlussreich waren. Eigentlich auch lehrreich.
Es ist schon interessant, wie viel Unwissenheit bei uns Wessis über die ehemalige DDR herrscht und wie viel innere Mauern es zwischen uns Menschen gibt. Nicht
nur unseren ostdeutschen Mitbürgern gegenüber, sondern auch den ausländischen Mitbürgern unter uns. Bei den ersten beiden Ossis, die ich fragte kam eigentlich fast die gleiche Antwort. „Sie
sagen, was sie denken“. Früher in der DDR hat sich keiner getraut das Maul aufzumachen, jetzt können und dürfen sie es. Hm!? Ok, aber wenn ich diverse Leute angesprochen habe und sie darauf
hingewiesen habe, dass die Ausländer zu Deutschland gehören wie das deutsche Bier, dass wir mit sogenannten Gastarbeitern aufgewachsen sind und sich die meisten integriert haben, wurden die
meisten noch extremer und ausfälliger gegenüber den Ausländern.
Ich habe gestern mit einem Wessi darüber gesprochen und er sagte, er verstehe diese Aussage nicht. Die haben doch sicher auch menschliche Werte gelernt und
beigebracht bekommen, dass man andere Menschen respektiert. Ja, das stimmt und sehe ich auch so. Warum haben viele Ossis solche Gedanken und blocken total ab, wenn man mit Gegenargumenten kommt?
Eine andere Aussage war, dass die Leute am Anfang nach der Maueröffnung total überfordert waren. Und ja, sie wurden mächtig über den Tisch gezogen von sogenannten Geschäftsleuten die in den Osten
gekommen sind, die zum Beispiel Autos und total überteuerte Luxusartikel verkauft haben. Natürlich waren da auch viele Ausländer dabei. Liegt daran vielleicht der Grund für die Abneigung gegen
Ausländer?
Als ich mich gestern mit einem dritten Ossi unterhalten habe, hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass ich die gleichen oder ähnliche Antworten wie bei den
ersten beiden bekomme. Aber die waren anders. Mit diesen Projekten (Mosambik) habe er eigentlich nichts mitbekommen, weil er auf dem Land wohnte. Aber auf meine direkte Frage wegen der
Ausländerfeindlichkeit nannte er mir ein Beispiel aus seinem Ort, bei dem für Flüchtlinge eine Turnhalle "beschlagnahmt" wurde und die Kinder nach Hause geschickt wurden. Das es Fälle gab, wo von
den Flüchtlingen das Essen abgelehnt wurde. Mit welchem Recht verhält man sich so wenn man Hilfe benötigt, war seine Frage! Hm!? Diese Frage kann ich nicht beantworten, weil ich nicht dabei war
und diese Geschichte nur vom Hörensagen kenne. Ob sie stimmt, ob es wirklich so war, kann ich nicht beurteilen. Wir hatten noch etwas diskutiert was die Flüchtlinge betrifft, wobei ich glaube,
dass die meisten Menschen eine falsches Bild von der Problematik haben, weil zu viel geredet wird von zu vielen Leuten, die zu viel rein interpretieren und weil falsche "Wahrheiten" verbreitet
werden. Eine Sache hat er bemängelt, dass die Berichterstattung über diverse Vorfälle gar nicht stattfinden würde, weil sie von "oben" verboten wird. Zum Beispiel Randale in Flüchtlingsheimen.
Also, meine Meinung dazu, sollte es stimmen, dass die Berichterstattung von oben eingebremst wird beim Thema Flüchtlinge, kann ich das gut verstehen und nachvollziehen. So wie die Leute im www
und auf der Straße darauf reagieren, ist es besser wenn darüber kaum berichtet wird.
Denkt doch mal nach. Was passiert wenn wir 100 Deutsche in eine Turnhalle sperren und da müssen Menschen mit verschiedenen Religionen, aus verschiedenen
Gesellschaftsschichten und mit verschiedene Einstellungen und Meinungen auf engstem Raum miteinander leben? Meint ihr wirklich, dass es da mit der Zeit keine Randale geben würde? Wenn einer
mitbekommt, wie seine Frau oder Tochter von jemandem angebaggert wird, kann es auch eskalieren, oder, oder, oder! Ich denke mal, dass es bei Flüchtlingen aus verschiedenen Ländern, Religionen und
Kulturen sogar noch explosiver sein wird. Aber da werden dann gleich alle Flüchtlinge in einen Topf geworfen. Die sind undankbar, die zerstören alles, die sind unverschämt, usw. Merkt ihr nicht,
dass euch die Berichterstattungen und vor allem diese, die nur mit eurer Angst und eurer Unsicherheit spielen, genau das bezwecken?
Gestern habe ich mich mit einem Ostberliner über das alles unterhalten. Er ist sechzig und hat noch entsprechend viel „DDR erlebt“. Er erzählte mir, dass von
oben her darauf geachtet wurde, dass mit den Ausländern kein oder kaum Kontakt entstanden ist. Eigentlich ist man darauf getrimmt worden, den Ausländer nicht zu mögen. In den Ostblockstaaten war
die DDR der Vorzeigestaat und alle wollten in die DDR. Auf die Frage, warum viele Ossis ausländerfeindlich sind, sagte er nur kurz und knapp, weil sie dumm sind und nicht nachdenken. Klar kann
ich verstehen, dass wenn man plötzlich aus seinem normalen Umfeld, in dem man aufgewachsen ist und das man nicht anders kannte, rausgerissen wird, mächtig Probleme hat klarzukommen. Plötzlich
kann man ohne zu fragen überall hin und man bekommt überall alles, das ist schon krass. Aber was ist mit dem gewohnten Umfeld passiert, das man das ganze Leben hatte!? Man hatte Freunde, die dann
teilweise gleich in den Westen sind und sich in alle Richtungen verstreut hatten. Das Arbeitsleben ist plötzlich ganz anders oder bricht auf einmal weg. Was tun? Auch in den Westen? Vielleicht!?
Arbeitslos, vielleicht eine Chance!? Und was ist, wenn man in den Westen kommt? Geld ist leer oder ganz knapp, man sieht wie Ausländer (in den Augen von den Wessis sind es Gastarbeiter, an die
man sich schon Jahrzehnte lang gewöhnt hat) Arbeit haben und tolle Autos fahren. Und man selbst als Ossi, als Deutscher, dem eigentlich über Nacht alles genommen wurde und der sich alles mühsam
wieder aufbauen muss, ist frustriert . Durch solche Dinge wie Neid, Frust, ungerechte Behandlung, Einsamkeit, alleine in einer fremden Welt, da kann man schon einen Hass entwickeln.
Ist das einer der Gründe, warum manche Ossis so fremdenfeindlich sind? Wenn ich jetzt nochmal meine Beobachtungen und Erfahrungen aus der Kindheit nehme und mit
heute vergleiche, sind inzwischen die Reaktionen auf Menschen mit islamischen Glauben um einiges schlimmer gekommen. Wenn ich an unser Städtchen denke, wie da die Türken misstrauisch beäugt
wurden und wenn ich heute die Menschen beobachte, wie sie ängstliche, ja teilweise sogar hasserfülllte Blicke auf Menschen mit „islamischem Aussehen“ begegnen, macht mich das schon traurig. Ich
kann es aber auch irgendwie verstehen.
Hier in diesem Bericht ist eigentlich am besten verdeutlicht warum das so ist
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-12/islam-verstaendnis-medien-berichterstattung-populismus-gefahr Natürlich haben die
Anschläge und auch die Berichterstattungen darüber sehr großen Einfluss darauf, wie wir damit umgehen, aber ich persönlich werde weiterhin versuchen in jedem einfach nur einen Menschen zu sehen.
Egal, was er für eine Herkunft hat. Auch gestern habe ich mich mit einem hier in Deutschland geborenen Türken unterhalten und es war wie immer sehr interessant für mich. Das Problem ist, dass
sich kaum einer finden wird, der hier im Facebook bzw. in diesem Post seine Meinung öffentlich schreiben wird. Unterhaltet euch mal mit türkischen Kollegen oder Bekannten darüber und ihr werdet
verstehen, warum das so ist. Ich bin gegenüber anderen Nationalitäten außer bei einer Sache eigentlich immer sehr unvoreingenommen rangegangen.
Ich hatte als Beifahrer 1985 einen schweren Autounfall, bei dem zwei Mitschüler ums Leben kamen und ich inkl. Reha zwei Jahre im Krankenhaus war. Naja, der
Fahrer, ein Grieche, hatte nach dem Unfall zu seiner Verteidigung gesagt, selbst schuld, ihr hättet ja nicht mitfahren brauchen. Damals mit 16 war das wie ein Schlag ins Gesicht und ich konnte
damit absolut nicht umgehen. Aus diesem Grund hatte ich jahrelang eine Abneigung gegen Griechen. Das ist totaler Quatsch und total behämmert. Wegen so einer Aussage eine ganze Nation zu hassen.
Aber mir ging es eben damals so und mir war nicht bewusst, dass er ja irgendwie schon recht hatte. Aus Bequemlichkeit hat man etwas riskiert und es ging einfach daneben.
Aber was ich damit eigentlich sagen und zeigen möchte, dass man sehr schnell dabei ist durch eine schlechte Erfahrung, einen Bericht, aufgrund von Hörensagen
oder sonstigem ein vorschnelles Urteil zu bilden. Ganz schnell werden Schuldsprüche verbreitet und dabei ganze Nationen in einen Sack gesteckt.
Was mir in D aufgefallen ist, durch unseren Egoismus vergessen wir oft die Menschen um uns herum. Die Frage “wie geht es dir?“ ist meistens nicht ernst gemeint,
es interessiert eigentlich keinen. Und wenn man mal sagt „saugut, alles prima“ schauen die Leute verdutzt und sagen, das hört man selten. Naja, aber es ist doch alles saugut und prima. Uns geht’s
doch eigentlich gut!? Vielleicht sollten wir unsere persönliche Einstellung zum Leben mal überdenken. Jeder kennt doch diese Arbeitskollegen, die nur am schimpfen und jammern sind. Da Scheiße,
dort Scheiße, usw. Die sind mit sich und ihrer Umwelt so unzufrieden, dass sie wahrscheinlich gar nicht anders können. Aber warum öffnen wir nicht einmal die Augen und schauen mal auf unser
Umfeld und die Menschen um uns herum. Wenn man das mit Interesse macht, kann man sehen wie es den Leuten wirklich geht und das man selbst eigentlich gar nicht so beschissen und armselig dran ist,
wie man denkt.
Schaut doch mal noch weiter um euch, schaut mal in ganz Deutschland oder in die weite Welt. Lasst uns doch einfach mal dankbar sein für das Leben und das was wir
haben. Und hört auf es den anderen Menschen zu neiden was sie haben. Vielleicht haben sie dafür schwer und jahrelang arbeiten müssen und haben es sich hart verdient. Ich glaube, der größte Feind
den wir haben, sind wir selbst. Was lassen wir uns doch von den Medien für blöd verkaufen, was lassen wir uns in unserem Denken beeinflussen. Wir saugen die Schlagzeilen auf, lesen sie und schon
haben wir uns ohne weiter nachzufragen eine Meinung gebildet.
Ich kenne zum Beispiel einen Kroaten. Wow! Hut ab vor diesem Mann! Einfach bewundernswert! Er ist vor ca. fünf Jahren nach Deutschland gekommen, hatte seine
Familie zurückgelassen, weil er in Kroatien bei Firmen gearbeitet hat und den Lohn nicht regelmäßig, wenn überhaupt bekommen hat. Naja, er hat Frau und Kinder, die er natürlich als Vater ernähren
muss. Das wenige Geld was er bekam hat kaum gereicht. Also, nach sehr langer und reiflicher Überlegung hat er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Er wollte nach Kiel weil er da Bekannte
hatte, die ihm vielleicht helfen könnten Fuß zu fassen. Aber leider reichte das Geld nur bis Heidelberg. Da musste er aussteigen. Mutterseelenallein und hat überlegt was er macht. Er sprach kein
Wort Deutsch und fragte sich mit Händen und Füssen nach einer Asylantenanlaufstelle durch. Als er dort ankam, besorgten sie einen Dolmetscher und er wurde gefragt, was er hier möchte. Er sagte,
arbeiten, ich will einfach nur arbeiten. Sie gaben ihm einen Platz zum schlafen, gingen mit ihm zu den Behörden und dann sagten sie, wenn du Arbeit besorgen kannst, einen Arbeitgeber findest der
dir einen Vertrag unterschreibt, kannst du bleiben. Und schon legte er los, aber überall wo er anklopfte wollte ihm jemand einen Vertrag geben. Er hätte alles unterschrieben, nur um arbeiten zu
können. Und dann, als er schon verzweifelt war, fand er einen Arbeitgeber, der ihm vertraute und einen Vertrag gab. Er ging mit der Unterschrift zu den Behörden und die habe es nach Frankfurt
geschickt, damit er die Arbeitserlaubnis bekam. Eine Woche musste er warten und dann konnte er loslegen. Und soll ich euch was sagen!? Er spricht nach 5 Jahren sehr gut Deutsch, ist ein sehr
lieber Mensch, macht gerne Spaß und er arbeitet immer noch beim ersten Arbeitgeber. Vor zwei Jahren konnte er endlich seine Frau und Kinder nach Deutschland holen. Und was ich so tierisch gut
finde, er möchte hier in Deutschland für sich und seiner Familie ein Haus bauen. Wahnsinn!!! Ich bin total stolz und ergriffen über so viel Mut, Einsatz und letztendlich auf den Erfolg. Wenn es
jemand verdient hat, dann er und seine Familie!
Ist das nicht ein ganz tolles Beispiel für eine gelungene Integration? Upps!? Da kommt in mir mal wieder eine Frage hoch???? Ich hatte ihn heute gefragt, wie er
in Deutschland als Ausländer aufgenommen wurde. Ob er angefeindet wurde, oder abwertend behandelt wurde. Nein, absolut nicht, alle waren sehr nett, freundlich und hilfsbereit zu mir.
Okay, jetzt meine Frage!!! Wäre das auch so gewesen wenn er aus einem islamischen Land gekommen wäre?
Fazit: Mein Fazit aus allen Gesprächen ist eigentlich: Redet mehr miteinander. Geht aufeinander zu, gebt euch die Hand und sprecht offen über alles. Fragt die
Menschen selbst, bevor ihr euch durch irgendwelche Einflüsse eine fatale falsche Meinung aufschwatzen lasst. Was ist die falsche Meinung? Wie kann man die richtige Sichtweise erkennen? Ganz
einfach, durch Offenheit, Fragen und gegenseitige Kommunikation. Lasst euch nicht für blöd verkaufen von denen da oben, denen ein Menschenleben scheißegal ist. Lasst euch nicht von den Medien
verblöden, die sehr oft die falsche, weil einseitige „Wahrheit“ darstellen. Lasst euch keine andere Meinung vorsagen, denkt selbst nach und lasst euch eines niemals nehmen: Menschlichkeit! Den
Grund, warum ich das alles hier geschrieben habe und was ich damit bezwecken will, sollte ich vielleicht noch schreiben. Ich möchte jeden von euch damit erreichen, euch zum Nachdenken animieren,
vielleicht sogar in manchen Dingen zum Umdenken bringen, aber vor allem möchte ich, dass ihr darüber redet und diskutiert. Jeder sollte das hier tun, egal ob Wessi, Ossi, Ausländer jeder Nation,
egal ob Frau oder Mann, redet miteinander, lernt euch besser kennen und erkennt, dass ihr viele Vorurteile einfach vergessen könnt. Natürlich kann man jetzt sagen, du hast doch selbst mit einem
Vorurteil um dich geschmissen und zwar gegen Ossis! Stimmt, aber lest nochmal meine Frage, ich habe nicht geschrieben, alle Ossis! Und warum ich diesen Eindruck hatte, habe ich euch ja erklärt.
Wobei wir da wieder bei der Überschrift wären: Halbwissen, Vorurteile oder doch nur Gruppenzwang! Ich freue mich auf jeden Fall auf diese Diskussion und bitte euch, bleibt fair und sachlich und
beleidigt niemanden.