19. August 2017

 

Überraschende Begegnung mit der Freundlichkeit

 

 

Eigentlich bin ich ja gut erzogen und habe die üblichen Höflichkeitsgrundsätze gelernt. Ich bin zwar manchmal mit meiner Aussprache etwas „Bauernhaft“ unterwegs, aber ich habe meine “gute“ Erziehung nicht vergessen. J

 

Es geht eigentlich schon los, daß ich bei der Firma, bei der ich regelmäßig lade, mich jedes Mal für die Beladung beim Staplerfahrer bedanke.  Natürlich kann man sich fragen, warum? Es ist ja sein Job und er wird dafür bezahlt. Ja, aber trotzdem kann man sich ja bei ihm bedanken. Normalerweise freut man sich ja über ein freundliches Danke, aber meistens wird es überhört, oder gar nicht richtig wahrgenommen. Ich habe schon öfters mitbekommen, daß das andere Fahrer nicht machen, also müßte es doch auffallen das ich das mache, oder?

 

Vielleicht wird es auch gar nicht ernst genommen. Ich lade in dieser Firma schon seit ca 15 Jahren. Ich war am Anfang, ich sag jetzt mal; „Sehr schwierig“. J Dadurch habe ich auch einen bestimmten Ruf in dieser Firma, den ich einfach nicht abschütteln kann. Wie man ja öfters lesen kann, habe ich oft Blödsinn im Kopf, mache Späße, lache gerne und bin überwiegend gut drauf. Das ist seit ca. 10 Jahren so. Es geht mir gut, ich bin zufrieden mit meinem Leben, einfach glücklich. Natürlich habe ich auch Fehler, daß ich eigentlich innerhalb von einer Sekunde auf 180 sein kann, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle, mich einer anschnauzt, oder mir blöd kommt. Aber gut, das ist ja nicht immer so. Kommt drauf an wie ich geschlafen habe. J Aber egal, diese überwiegende gute Laune und Spaß an der Arbeit wurde mir in dieser Firma schon als Provokation ausgelegt. Versuche, bei Leuten die echt dauergestresst sind und die einfach nur der Job ankotzt, haben total das Ziel verfehlt. Es ist einfacher den schlechten Ruf von vor über 10 Jahren aufrecht zu erhalten, als zu sehen das man sich geändert hat. Aber egal, ich weiche vom Thema ab. J

 

Im Allgemeinen ist es manchmal echt schwer nur einen freundlichen Gruß erwidert zu bekommen. Im Gegenteil man wird manchmal erstaunt angeschaut wenn man höflich ist und grüßt.

 

Ein Beispiel von dieser Woche, das mich wirklich sehr erstaunt hat.

 

Ich kam zu einer Abladestelle und meldete mich an. Dieser Mann kommt aus Sri Lanka und ist immer sehr höflich und freundlich. Diesmal mußte ich an einem anderen Tor abladen und da kam ein mir unbekannter Staplerfahrer. Auf jeden Fall keiner der deutsche Eltern hat. Da ich kurz vorziehen mußte weil ein Umfuhrfahrzeug einen Hänger abholte, stand ich mit abgeknickter Zugmaschine wartend da. Der Staplerfahrer ladete schon mal ab und ich merkte die Bewegungen und konnte im Spiegel sehen wenn er in die Halle fuhr. Als das Umfuhrfahrzeug weg fuhr, war ich mir nicht ganz sicher ob der Staplerfahrer jetzt wartet. Aber ich bemerkte keine Bewegung auf dem Auflieger, also fuhr ich langsam wieder zurück und als die Zugmaschine wieder gerade war, sah ich das der Staplerfahrer wartend da stand. Sehr gut! (Y)

 

Als ich ausgestiegen bin und um den Lkw rumlief, bedankte sich der Staplerfahrer. :o Danke? Für was? Weil ich vorsichtig und langsam zurück gefahren bin? Naja, auf jeden Fall ladete er dann weiter ab. Als er wieder einmal kam, fragte ich ihn ob das jetzt immer hier abgeladen wird und er bejahte die Frage sehr höflich und freundlich. Wow!? Was hat der so früh am Morgen genommen? Baldrian!? J Mir fiel auf, daß er ein T-Shirt und eine Warnweste mit einer Firmenbezeichnung und Logo an hatte, das ich noch nicht kannte. Als er wieder kam, fragte ich ihn ob ich ihm 2,3 Fragen stellen dürfte. „Ja gerne. Bitte!“ Und das in einer ruhigen und sehr angenehmen Stimme. „OK, diesen Firmenname kenne ich nicht, du gehörst nicht zu dieser Firma hier?“ „Nein, wir sind eigentlich ein Cargodienstleister vom Flughafen und haben durch eine Ausschreibung für dieses Jahr diese Arbeit hier bekommen.“

 

„Aha! Darf ich dich fragen aus welchem Land du kommst? Ich komme zu so vielen Menschen und Firmen, aber so höflich und freundlich werden wir Lkw Fahrer normalerweise nicht behandelt.“

 

„Oh! Vielen Dank! Sehr nett!“ sagt er wieder sehr freundlich und sichtbar gerührt. „Ich komme aus Marokko!“

 

„Wow!“ sage ich. „dann freue ich mich von dir abgeladen zu werden.“

 

„Dankeschön, sehr nett von dir!“ Man hatte den Eindruck, daß es ihn sehr gefreut hat.

 

Als er dann fertig war, fragte er noch ob ich die Papiere schon habe

 

„Ja“, sage ich und gehe zu ihm an den Stapler, strecke ihm die Hand hin und sage, „hat mich sehr gefreut dich kennen gelernt zu haben. Schönen Tag noch und schönes Wochenende.“

 

Er lächelt, verneigt sich leicht im sitzen und sagt, „Vielen Dank, sehr freundlich. Es hat mich auch sehr gefreut!“

 

Wow! Ich muß wirklich sagen, so jemand begegnet man als Fahrer sehr selten. Ich kann gar nicht genau sagen, was da passiert ist, auf jeden Fall hat er einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich kenne zwar solche Leute, die aus beruflichen Gründen so sein müssen, aber das ist offensichtlich gespielt. Zwar kenne ich auch privat so ähnlich freundliche Menschen, aber das war echt krass.

 

Natürlich gehört sich immer ein gewisses Maß an Höflichkeit und ich versuche auch immer freundlich und höflich zu sein, aber das kam mir sehr märchenhaft vor. So 1000 und 1 Nacht Märchen. So edel, so vornehm. 

 

Ich weiß nur eins, da freue ich mich auf das nächste Mal wenn ich hin muß.